Was unsere neue Paywall mit einem Klavier zu tun hat

Was unsere neue Paywall mit einem Klavier zu tun hat
© Dolo Iglesias / Unsplash

Vielleicht ist es jemanden in letzter Zeit schon mal aufgefallen: Zunehmend ist in Besprechungen im Haus von Piano die Rede.

Nein, Grund dafür ist nicht die Begeisterung für Klaviermusik, auch wenn diese zumindest bei mir durchaus ausgeprägt ist, sondern die Umstellung der Paywall auf tt.com.

Wir wechseln von unserer Eigenlösung, die die Kolleginnen und Kollegen in der NMO in den vergangenen Jahren von einer Logwall (Registrierpflicht für gewisse Artikel) sukzessive zu einer voll funktionsfähigen Paywall ausgebaut haben, zu einem Drittanbieter. Sein Name: Piano.

So sieht die Paywall auf Artikelebene aktuell noch aus. Ab kommender Woche ist mit dem Gratiszeitraum für neue User Schluss.

Warum wir das tun, ist relativ leicht erklärt:

Unser selbst programmiertes System hat uns seit dem Start von tt.com plus zwar gute Dienste erwiesen, weist jedoch eine große Schwäche auf: Jede neue Funktion muss selbst entwickelt werden, ja: selbst jede kleine Änderung an der Bezahlschranke – z. B. ein neuer Preis – muss von den Entwicklern händisch umgesetzt werden.

Das kostet viel Zeit und macht unflexibel. Beides können wir uns nicht leisten.

Der Publisher-Weltverband INMA hat vergangenes Jahr die Verbreitung verschiedener Paywall-Modelle erhoben. Die Tiroler Tageszeitung setzt auch auf eine Freemium-Strategie, sprich: Manche Inhalte sind kostenlos, manche nicht.

Was bringt uns Piano?

Nach einem längeren Auswahlprozess vergangenes Jahr fiel die Entscheidung auf Piano. Der Anbieter mit Hauptsitz in den USA und zahlreichen Niederlassungen in Europa ist alles andere als ein Geheimtipp. Allein in Österreich laufen die Paywalls von praktisch allen Zeitungen mit Paid-Content-Angebot auf seinen Systemen. International ist es nicht anders: Die Süddeutsche etwa implementiert Piano derzeit auch gerade. Das Wall Street Journal ist Kunde, der Schweizer Tages-Anzeiger ebenso, aber auch eine Regionalzeitung wie die Ruhr Nachrichten aus Dortmund.

Wir erhoffen uns von der neuen Software vor allem eines: mehr Flexibilität.

Konkret heißt das:

  • Ab sofort kann der Vertrieb mit den Formulierungen an der Bezahlschranke zu experimentieren beginnen. Wie muss z. B. der sogenannte Call to Action gestaltet sein? Hilft es, wenn wir einen durchgestrichenen Statt-Preis anführen? Und so weiter.
  • Zunehmend können wir anhand von User-Daten auch speziell zugeschnittene Angebote ausspielen. So bekommt eine ehemalige tt.com plus-Abonnentin vielleicht einen anderen Aktionspreis angezeigt als ein Neukunde.
  • Und besonders wichtig: Mittels A/B-Tests können wir ausprobieren, was am besten geht, und die Paywall dann darauf auslegen.

Ein solcher A/B-Test könnte zum Beispiel im Rahmen einer E-Mail-Kampagne erfolgen, um herauszufinden, welche Rabattaktion besser funktioniert:

  • Halbes Jahr tt.com plus zum halben Preis: € 14,70 statt € 29,40 oder
  • 6 Monate tt.com plus um € 6,-

Eine Testzielgruppe bekommt je zur Hälfte das erste oder zweite Angebot geschickt. An die Gesamtzielgruppe geht dann das erfolgreichere.

Entscheidend dabei: Nicht immer funktioniert das für den Konsumenten günstigste Angebot automatisch am besten. Herausfinden kann man das aber nur, indem man es ausprobiert.

Was bedeutet das alles für den Newsroom?

Für den Newsroom bringt Piano unmittelbar keine Veränderungen. Wir werden weiterhin bewusst entscheiden, welche Artikel wir hinter die Paywall geben und welche nicht. Und wir können weiterhin festlegen, wo die Bezahlschranke auf Artikelebene genau zu greifen beginnt. Gleich nach dem Vorspann etwa oder manchmal auch erst nach einige Absätzen.

So flexibel waren wir bisher auch schon: Nicht bei jedem Artikel schlägt die Paywall an der selben Stelle zu.

Eine Sache ändert sich aber doch: Ab sofort können neue User keinen einmonatigen Gratiszeitraum mehr starten. Stattdessen bieten wir einen Testzeitraum (1 Monat für 1 Euro) an, der dann nach Ablauf automatisch in ein reguläres tt.com plus-Abo mündet. In Vertriebskreisen auch bekannt als Negativoption.

Wir gehen – auch auf Basis von Erfahrungen anderer Publisher im DACH-Raum –davon aus, dass sich die Abschaffung des Gratiszeitraums mindestens nicht negativ auf unser Abo-Wachstum auswirken wird. Was wir an Testkunden verlieren (Gratis-Conversion ist einfacher als Paid-Conversion, auch wenn nur 1 Euro zu bezahlen ist), werden wir bei der Umwandlung in reguläre Abos wieder kompensieren.

💡
Bitte beachten!
Bisher wurden in den Dashboards und Reports alle Conversions einzelner Artikel gezählt (also auch Gratiszeiträume). Durch die Umstellung werden einzelne Beiträge deutlich weniger Conversions schaffen, diese sind aber dafür deutlich wertvoller. Die Berechnung unseres Top-Artikel-Reports passen wir entsprechend an.

Wir sind davon überzeugt, dass wir mit den Möglichkeiten, die uns Piano bietet, im Sinne der digitalen Transformation unseres Geschäftsmodells einen schönen Schritt vorwärts machen werden. 😀

Bei Fragen – fragen!